Erlebt ihr manchmal diese Momente, die euer ganzes Leben ändern? Ihr lernt etwas, euch wird plötzlich etwas klar. Ich kann mich an einige dieser Momente in meinem Leben zurückerinnern. Bei vielen Situationen weiß ich noch genau, wie ich mich dabei gefühlt habe, als die Erkenntnis kam. Bei manchen Erlebnissen erinnere ich mich noch daran, wie ich mich davor gefühlt hatte, dass ich verzweifelt oder traurig war, oder ich erinnere mich dessen, was zu einem Erlebnis geführt hat.

Wovon ich euch heute erzählen möchte, ist ein solcher Moment, vor fast 8 Jahren. Ich war damals in der Endphase meines Studiums und schrieb gerade meine Magisterarbeit. Alles, was schiefgehen konnte, tat es auch. Ich war verzweifelt. Ich erlebte Situationen, auf die mein Gehirn nachts in Alpträumen nicht einmal kam.

Ich erinnere mich daran, wie ich noch unerwartet eine Bestätigung für ein Seminar nachreichen musste. Ich tat es auf die letzte Minute. Der Schein musste am nächsten Tag am richtigen Ort sein. Ich ging zur Post, gab den Brief ab und machte mich erleichtert auf den Heimweg. Und als ich am nächsten Tag zu meinem Briefkasten ging, um ihn zu leeren, lag dort dieser wichtige Brief, der an diesem Tag an ganz anderer Stelle hätte ankommen sollen. In MEINEM Briefkasten – nicht irgendwo bei der Universitätsverwaltung. Der Brief war zurückgekommen, weil wohl meine sorgfältig aufgeklebte Briefmarke abgefallen war und der Brief ohne ausreichende Frankierung nicht zugestellt werden konnte. Diese paar Cents kosteten mich fast meine Nerven. In meinem ganzen Leben hat ein Brief, den ich verschickt habe, noch nie eine Briefmarke verloren. Kommt das überhaupt einmal vor?

Ein weiteres Beispiel dafür, was alles schief lief, war ein Gespräch mit der Dozentin, bei der ich meine Abschlussarbeit schrieb. Bei einem unserer Treffen sagte sie mir nach mehreren Monaten Arbeit, dass fast alles, was ich bisher getan hatte, all meine Forschungsergebnisse, nutzlos waren und ich von vorne anfangen müsse. Ich fragte mich, wie ich es überhaupt schaffen sollte, jemals fertig zu werden. Das einzige Ende, das in Sicht war, war das meiner Nerven. Verständlicherweise.

Wer sein Leben ändern möchte, braucht Disziplin!

Wahrscheinlich half es, dass ich in dieser Situation wirklich verzweifelt war. Ich habe schon ein paar Mal erlebt, dass Gott am eindrucksvollsten mit mir arbeitet, wenn ich dabei bin aufzugeben. Wahrscheinlich bin ich ein sehr stolzer Mensch und höre oft nicht hin, wenn Gott versucht, mit mir zu kommunizieren. In solchen Momenten äußerster Verzweiflung aber höre ich auf ALLES! Na, zumindest höre ich wohl um einiges besser hin und bitte mit mehr Nachdruck um Hilfe, meine Situation oder mein Leben ändern zu können.

Damals beantwortete Gott mein verzweifeltes Gebet durch meine Mutter – und einen Sänger namens Alex Boyé. Meine Mutter war zufällig über ein Interview mit dem Sänger gestolpert. Alex Boyé hatte es in seinem Leben wohl selbst nicht einfach gehabt. Er hatte sich als Teenager der Kirche Jesu Christi angeschlossen und dadurch (eine Zeitlang) alles verloren. Boyé schildert, wie er sein Zuhause verlassen musste und sich eines Abends in der Fremde wiederfand und darüber nachdachte, dass doch eigentlich nun, da er das Evangelium kannte und so viele richtige Entscheidungen traf, das Leben gut laufen sollte. Das tat es aber für ihn nicht.

Das Interview war genau das, was ich zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben brauchte. Für das Zeugnis, das Alex Boyé trotz all seiner Schwierigkeiten gab, bin ich noch heute dankbar. Und ich lernte drei Sätze, anhand derer ich meiner eigenen Verzweiflung Herr werden konnte – Sätze, die auch heute noch, wende ich sie an, mein Leben ändern.

Der erste Satz war eine Frage. Sie lautete:

Lohnt es sich auf irgendeine Weise, dass ich mich jetzt darüber aufrege?

In manchen Situationen im Leben können wir tatsächlich manchmal nichts tun. Wie in der Situation mit cer Briefmarke. Es war geschehen. Die Briefmarke war abgefallen, der Brief zurückgekommen. Sollte ich mich nun darüber aufregen? Würde Toben oder Weinen helfen? Würde es helfen, unfreundlich zu reagieren, jemanden anzupampen? Natürlich nicht! Ich lernte in Situationen wie dieser, mich – bevor ich reagiere – zu fragen: Lohnt es sich, dass ich mich jetzt darüber aufrege?

Dieser Satz half mir, ruhig zu bleiben und meine Energie darauf zu richten, eine Lösung zu finden. In der Situation mit der Marke war es mir schließlich möglich, den Brief am selben Tag persönlich abzugeben, und dadurch konnte ich, trotz aller Widrigkeiten, die Frist einhalten.

Der zweite Satz, den ich aus dem Interview mit Boyé für mein Leben mitnahm, war etwas, was ich mir selbst sagen konnte:

Jetzt bin ich aber mal gespannt, was dabei noch so herauskommen soll!

Ihr erinnert euch daran, dass ich nach ein paar Monaten mit meiner Abschlussarbeit von vorne anfangen musste. Zum Glück hatte ich bereits einige Situationen erlebt und gemerkt, dass auch wenn es schlimm für mich war, es trotzdem immer weiterging und das Leben nicht zu Ende war. Es gelang mir, die Einstellung zu entwickeln, selbst in solchen Situationen eine gewisse Neugierde zu entwickeln, eine Situation mit Abstand zu betrachten und mir zu sagen: „Na, jetzt schauen wir einfach mal, wie es weitergeht.” Meine Abschlussarbeit stellte ich schließlich fertig. Ich war zufrieden. Ich konnte sehen, dass ich einiges in den vergangenen Monaten geleistet hatte und, was wichtiger war, dass auch die Dozentin meine Leistung mit einer Note würdigte, mit der ich zufrieden war.

Hätte es mir geholfen, nach ihr negativen Rückmeldung zu verzweifeln? Sicher nicht. Aktiv zu werden, einfach wieder zur Bibliothek zu gehen, mir neue Bücher auszuleihen, weiter zu lernen, jeden Tag etwas früher aufzustehen brachten mich deutlich weiter.

Das dritte, was ich lernte, hatte mit Glauben zu tun. Alex Boyé erinnerte mich daran. Er erkannte:

Das, was ich will, ist also wohl nicht das Beste für mich. Wenn du den Geboten folgst, wirst du gesegnet werden – irgendwann zumindest.

Eine meiner Lieblingsschriftstellen steht in LuB 82:10. Dort heißt es: „Ich, der Herr, bin verpflichtet, wenn ihr tut, was ich sage; tut ihr aber nicht, was ich sage, so habt ihr keine Verheißung.” Der Herr verheißt uns hier, dass er uns immer beistehen wird, uns helfen wird – wenn wir seinen Geboten folgen. Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so lange so sehr angestrengt wie ich es für den Abschluss meines Studiums tat. Über Monate hinweg arbeitete ich täglich stundenlang. Ich las, ich führte Interviews, ich schrieb. Ich tat alles, was ich konnte. Trotzdem musste ich zwischendurch von vorne anfangen. Trotzdem liefen meine mündlichen Prüfungen anders, als ich es mir gewünscht hätte. Was mich beeindruckte war, dass zum Schluss alles funktionierte. Nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber so, dass es gut war. Gott wusste, was passieren musste, damit es gut werden würde. Ich musste meinen Teil tun und ihn dann einfach machen lassen. Und ich wurde gesegnet.

Leider gelingt es mir nicht immer, diese Weisheiten, die ich damals lernte, sofort anzuwenden. Erinnere ich mich aber rechtzeitig daran, hilft es mir entspannt zu bleiben, positiv und hoffnungsvoll. Und was will man mehr? In Matthäus 6:8 heißt es: „Euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet.” Wie oft habe ich das schon gemerkt.

Das Interview mit Alex Boyé könnt ihr euch (auf Englisch) hier anhören: mormonchannel.org.

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