„Und wenn Menschen zu mir kommen, so zeige ich ihnen ihre Schwäche. Ich gebe den Menschen Schwäche, damit sie demütig seien; und meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen; denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.”

Ether 12:27

Kontext und Inhalt

In Ether 12,23 sagt der Prophet Moroni dem Herrn, er befürchte, dass das Buch Mormon wegen seiner eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten im Schreiben ungenügend wäre. Als Antwort darauf sagt der Herr zu Moroni: „und wenn Menschen zu mir kommen, so zeige ich ihnen ihre Schwäche. Ich gebe den Menschen Schwäche, damit sie demütig seien; und meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen; denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.” (Ether 12:27).

Wir können besser begreifen, wie Gott uns helfen kann und wie uns die Gnade Christi in schwierigen Zeiten zuteil werden kann, wenn wir diesen Vers verstehen.

Christus sagt zu Moroni, dass wenn die Menschen zu ihm kommen, er ihnen ihre „Schwäche” zeigen würde. So manch einer mag nun meinen, dass das bedeutet, dass Christus uns unsere Schwächen zeigen würde. Christus jedoch sagt Schwäche und nicht Schwächen. Tatsächlich kommt das Wort Schwächen nie im Buch Mormon vor. Stattdessen wird das Wort Schwäche verwendet – im Buch Mormon wird nicht über eine bestimmte Schwäche gesprochen, die jemand vielleicht hat, sondern über einen Zustand, über das „Schwach-Sein”.

Jesus tröstet uns.

Helaman beispielsweise stellt fest: „Wir vertrauen darauf, daß Gott uns ungeachtet der Schwäche unserer Heere befreien wird, ja, und uns aus den Händen unserer Feinde befreien wird.”(Alma 58:37) Dieser Abschnitt zeigt deutlich, das es nicht um eine bestimmte Schwäche geht, die jeder Soldat des Heeres hat. Vielmehr geht es ihm darum, die geringe Anzahl Soldaten im Vergleich zum Heer der Lamaniten zu beschreiben. Dies scheint auch auf die Aussage Moronis in Ether 12 zuzutreffen. Moroni sagt im Vergleich zu den Schriften der Jarediten: „darum, wenn [die Nephiten] schreiben, sehen wir unsere Schwäche und stolpern, wenn wir unsere Worte setzen sollen.” Der Herr sagt daraufhin: „Narren spotten, aber sie werden trauern; und meine Gnade ist ausreichend für die Sanftmütigen, daß sie aus eurer Schwäche keinen Vorteil ziehen werden.” (Ether 12:25–26)

Denken wir über Ether 12:27 mit dem Vers in Alma vor Augen nach, wird klar, dass hier über die Schwäche aller Menschen gesprochen wird, nicht über bestimmte Schwächen, die Gott uns gibt.  Der Herr lässt zu, dass Menschen diese Schwäche, die mit der Sterblichkeit zu tun hat, erfahren, „damit sie demütig seien”. (Ether 12:27) Dann erklärt der Herr, dass diese Demut wesentlich ist, um Gnade in unserem Leben zu erfahren: „Meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen” (V. 27). Es ist signifikant, dass es dort nicht heißt: „Und meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen.” Die Gnade Christi wirkt vor allem im Leben derjenigen, „die sich vor [ihm] demütigen”.

Aus dem Buch Mormon lernen wir, dass die Bedingung für diese Gnade ist, dass das Individuum demütig genug ist, sie anzunehmen. In 2 Nephi 10:24 heißt es beispielsweise: „nachdem ihr mit Gott versöhnt seid, denkt daran, daß es nur in der Gnade Gottes ist und durch sie, daß ihr errettet werdet.” Dies impliziert, dass Männer und Frauen sich erst mit Gott versöhnen müssen, um die Gnade Christi zu erfahren, indem sie sich demütigen. Wenn Menschen sich vor Gott demütigen und Glauben an ihn haben, versprach Christus, dass er Schwaches für sie stark werden lassen wird.

Vertrauen auf Gott

Auch im Alten Testament werden Gnade und Stärke in Zusammenhang gestellt. In Nehemia 9:32 heißt es: „Und jetzt, unser Gott, du großer, starker, furchtgebietender Gott, der den Bund hält und uns seine Gnade bewahrt…” Das hebräische Wort für Gottes Gnade wird parallel mit der Beschreibung Gottes als „groß, stark und furchtgebietend” verwendet – Macht und Stärke sind also Teil der Gnade. Auch Jakob 4:6-7 veranschaulicht dieses Prinzip. Dort heißt es: „daß wir wahrhaftig im Namen Jesu gebieten können, und selbst die Bäume gehorchen uns oder die Berge oder die Wellen des Meeres. Dennoch zeigt der Herr, Gott, uns unsere Schwäche, damit wir wissen, daß wir die Macht, dies alles zu tun, durch seine Gnade haben und durch seine große Herablassung gegenüber den Menschenkindern.”

Wenn also Moroni sagt, dass Schwaches durch Gnade stark werden kann, ist das deswegen so, weil Gnade und Stärke zusammenhängen.

Lehre und Grundsätze

Verstehen wir, dass das Wort Schwäche im Buch Mormon sich auf den Zustand bezieht, dass wir schwächer sind, als wir es uns wünschen, ein Zustand, den wir alle in unserem Leben erfahren, bekommt Ether 12:27 eine neue Bedeutung. Wir alle erfahren diesen geschwächten Zustand, der zum Menschsein dazugehört, und wir sollen dadurch zu Demut bewegt werden. Sind wir demütig, erkennen wir an, dass es unser eigener schwacher und gefallener Zustand ist, der uns die Tür zur Gnade Christi in unserem Leben öffnet.

Wenden wir uns voller Glauben dem Erlöser zu, wird er uns stark machen, so dass wir unsere Lasten tragen können und Dinge erreichen können, die wir alleine nicht schaffen würden. Demütigen wir uns und kommen wir zu Christus, wird uns dieser helfen, unsere Schwäche zu überwinden – durch seine Gnade und seine Macht. Weil Gnade und Macht so eng miteinander zusammenhängen, können wir alle durch die Gnade Christi gestärkt werden und können darauf vertrauen, dass Schwaches stark werden wird. Indem wir Bündnisse mit dem Herrn eingehen, erhalten wir Zugang zu Fähigkeiten, die weit über unser eigenes Vermögen hinausgehen – durch seine Macht und Gnade. Wie Elder David A. Bednar sagte: „Folglich hilft uns der im Sühnopfer enthaltene Aspekt, dass wir befähigt werden und Kraft bekommen, auf eine Weise zu sehen, zu handeln und gut zu werden, die wir mit unseren begrenzten irdischen Fähigkeiten nie erfassen oder erreichen könnten. Ich bezeuge, dass im Sühnopfer des Erlösers wirklich eine Macht steckt, die uns Fähigkeiten verleiht.”

Weitere Informationen

– David A. Bednar, Sie konnten ihre Lasten mühelos tragen, GK 04/2014

– L. Whitney Clayton, Dass eure Lasten leicht seien, GK 10/09

– David A. Bednar, Mit der Kraft des Herrn, GK 10/04


Quellen:

– Carolyn J. Rasmus, “Weak Things Made Strong,” in Fourth Nephi Through Moroni, From Zion to Destruction, ed. Monte S. Nyman and Charles D. Tate, Jr., Book of Mormon Symposium Series, Volume 9 (Provo, UT: Religious Studies Center, Brigham Young University, 1995), 251–262.

Eldin Ricks’s Thorough Concordance of the LDS Standard Works (Provo, UT: FARMS, 1995), 829.

– Royal Skousen, Analysis of Textual Variants of the Book of Mormon: Part Six, 3 Nephi 8 – Moroni 10, 2nd edition, The Book of Mormon Critical Text Project, Volume 4 (Provo, UT: FARMS and BYU Studies, 2017), 3970–3971.

– Joseph Fielding McConkie, Robert L. Millet, and Brent L. Top, Doctrinal Commentary on the Book of Mormon, 4 vols. (Salt Lake City, UT: Bookcraft, 1987–1992), 4:212–213.

– Stephen E. Robinson, “Grace,” in Book of Mormon Reference Companion, ed. Dennis L. Largey (Salt Lake City, UT: Deseret Book, 2003), 306.

– Brent J. Schmidt, Relational Grace (Provo, UT: BYU Studies, 2015), 149.

– Bruce C. Hafen, “Grace,” in Encyclopedia of Mormonism, ed. Daniel H. Ludlow (New York, NY: Macmillan, 1992), 2:562–563.

Doctrinal Mastery: Core Document (Salt Lake City, UT: The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, 2016), 6.

– M. Catherine Thomas, “A More Excellent Way,” in Book of Mormon, Part 2: Alma 30 to Moroni, ed. Kent P. Jackson, Studies in Scripture: Volume 8 (Salt Lake City, UT: Deseret Book, 1988), 276.

Book of Mormon Central KnoWhys

Book of Mormon Central KnoWhys ist eine Sammlung von täglich veröffentlichten, kurzen Aufsätzen, Memes, Podcasts und Videos. KnoWhys beschäftigt sich mit Forschungsergebnissen zum Buch Mormon. Die KnoWhys sind frei zugänglich.

Der Beitrag wurde aus dem Englischen übersetzt. Er wurde ursprünglich am 9.8.17  auf bookofmormoncentral.org unter dem Titel „How Does Grace Help Us Overcome Weakness?” veröffentlicht. Übersetzt von Kristina Vogt.

Wenn Sie mehr über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) wissen möchten, dann besuchen Sie einfach eine der offiziellen Webseiten der Kirche: mormon.org und lds.org.