„Amen, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen.

Matthäus 18:3

Sind „sie“ vielleicht doch die besseren „Menschen“?

Dieser Vers kam mir immer wieder in den Sinn, als ich mir einen Kindheitstraum erfüllt und mir einen Hund zugelegt hatte. Die Kinder waren aus dem Haus, ich war geschieden und lebte allein. Ich fühlte mich aber nicht einsam, denn ich hatte ja meinen Leo. Da er noch ausgesprochen jung war, als ich ihn kaufte, ersetzte ich wohl die Mutter für ihn. So wuchsen wir besonders eng zusammen. In den fast 12 gemeinsamen Jahren lernte ich Leos liebevolles, gutmütiges Wesen sehr genau kennen, konnte Reaktionen vorhersehen und wusste, wie ich mit ihm reden musste, damit er mich verstand. Als er zum Beispiel einmal in einem Bach stand, um sich zu erfrischen und zu trinken, entdeckte ich von der Brücke aus in seiner Nähe ein Hundespielzeug, das dort auf dem Grund lag. Ich konnte ihn aus der Ferne so „dirigieren“, dass er tatsächlich das Spielzeug, das er schwerlich mit seiner ausgesprochen sensiblen Jagdhundnase riechen konnte, aus dem Wasser zog und an Land brachte. Wir waren wirklich gut aufeinander eingespielt! Irgendwann kam mir dann, ob all der Pflegeleichtigkeit, der Formbarkeit und Unkompliziertheit, was die Erziehung betrifft, besagte Schriftstelle in den Sinn. Und für mich stand fest, dass statt „Kinder“ da eher „Hunde“ stehen müsste. (Sicher rufe ich nun bei vielen Christen, Eltern, eingefleischten Katzenliebhabern…  Entsetzen hervor. Diese bitte ich an dieser Stelle um Geduld!)

Hund oder Kinder?

Kindermund

Als ich vor etwa 4 Jahren ein dreimonatiges Praktikum in einem Kindergarten absolvierte, hatte ich mit einem Schlag sehr viel Kontakt mit sehr vielen Kindern. Es ergaben sich in dieser Zeit einige lustige Situationen. Ich erinnere mich, wie zwei Jungen einmal aufgeregt zu mir, der Praktikantin, geeilt kamen und mir berichteten, auf welche Weise ein anderer Junge ein kleines Mädchen ärgerte. Ich hörte zu und gab dann einen Rat für die Lösung des Problems, den ich für ganz brauchbar hielt. Als die beiden sich wieder auf den Weg machten, hörte ich gerade noch, wie der eine zum andern sagte: „Ich habe dir doch gleich gesagt, wir gehen zu Annika. Die schimpft viel besser!“

Himmlische Klänge

Ein anderes Mal hatte ich die im Grunde wunderbare Idee, den Kindern beizubringen, wie man auf einem Kamm musiziert. Wenn man das richtige Papier benutzt, geht das auch ohne Kamm ganz gut. Ich hatte genau solches Papier und etliche Kämme mitgebracht. Es dauerte nicht lange, bis der Kindergarten dröhnte von den Klängen, die den Kämmen und meinem Spezialpapier voller kindlicher Freude, ja Begeisterung entlockt wurden. Ich genierte mich zwar, dass ich der Urheber dieses Konzertes war, erkannte aber gleichzeitig, dass das Ganze nicht von einer Minute auf die andere zu stoppen war. So nahm ich es mit rotem Kopf eben hin, dass auch mir die Aufmerksamkeit der Erzieher galt…

Kinder haben Spaß

Glück im Unglück? Die Weisheit der Kinder

Nach diesen Einblicken in die Kinder- und Hundewelt möchte ich nun aber die eigentliche Geschichte erzählen, die mich bezüglich der Matthäus-Schriftstelle wieder auf die richtige Spur und damit ins Reich der Menschen zurückbrachte.

In der gruppenübergreifenden Spielzeit saß ein vierjähriges Mädchen aus einer anderen Gruppe bei uns. Sie war begeistert von einer neu erlernten Fertigkeit und war eifrig mit dieser beschäftigt, als ihre Erzieherin hereinkam und sie aufforderte, wieder in ihre eigentliche Gruppe zu gehen. Man wollte den Geburtstag eines Mädchens dort feiern. Mit Feuereifer arbeitete sie jedoch weiter, um die Arbeit doch noch zu Ende zu bringen. Noch einmal wurde sie aufgefordert mitzukommen, danach war es „zu spät“. Sie musste die nächste halbe Stunde in unserer Gruppe verbringen. Als sie im Stuhlkreis neben mir saß, sah sie mich plötzlich mit leuchtenden Augen an und sagte strahlend und mit dem Finger nach nebenan deutend: „Jetzt singen sie das Geburtstagslied!“

Mir kam diese Szene seither oft wieder in den Sinn. Und irgendwie verstand ich jetzt die Schriftstelle besser. Welcher Erwachsene hätte sich in einer solchen Situation freuen können über das Glück, das dem Geburtstagskind gerade widerfuhr? Für mich war dies ein Beispiel für die Unschuld der kleinen Kinder. Es wurde kein Maßstab angelegt, kein Urteil gefällt, keine Wut „ausgekostet“, nicht auf Rache gesonnen…

Zwei Abschnitte

Jesus verglich damals einen noch ganz jungen Menschen mit einem Erwachsenen. Es war sicher nicht das Verdienst des Kindes, hier eine „vollkommene“ Reaktion an den Tag zu legen. Sein bisheriges kurzes Leben hatte es geprägt. Da es vermutlich aus einem liebevollen Elternhaus stammte, fiel seine Reaktion entsprechend positiv oder gesund aus. Jesus war sich dessen bewusst, dass er hier zwei verschiedene Lebensabschnitte verglich. Als Erwachsene haben wir im Lauf der Zeit vieles erlebt, was uns vorsichtig sein und an bestimmte Situationen erinnern lässt. Dadurch fallen unsere Reaktionen oft anders aus als die eines unschuldigen, unbelasteten Kindes. Uns wird in der Schriftstelle in Matthäus geboten, uns genau auf dieses „unschuldige Verhaltensmuster“ wieder zu besinnen. Es gab also eine Zeit in unserem Leben, als wir es „richtig“ gemacht haben. Das war sozusagen ein Geschenk. Vertrauen wir darauf, dass uns der Herr kein Gebot gibt, das wir nicht erfüllen können (1 Nephi 3, 7) und suchen wir dieses unschuldige Kind wieder in uns.


Dieser Artikel wurde auf Deutsch von Romie Bank verfasst und am 10.11.2018 auf kommzuchristus.de veröffentlicht.

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