Die Krippenszene zu Weihnachten ist ein beliebtes Motiv in der Malerei. Auch Menschen, die sonst nicht viel mit Kunst am Hut haben, haben sofort mindestens ein Gemälde vor Augen, auf dem Maria und das Jesuskind abgebildet sind. Schon im 4. Jahrhundert nach Christus finden sich erste Darstellungen der Weihnachtsgeschichte auf Sarkophagen in Rom und Umgebung. Was die meisten dieser Bilder vereint, ist die Darstellung einer Stallszene mit dem Kind in der Krippe umgeben von Esel, Ochse und Schafen.

Doch wie authentisch sind diese Darstellungen wirklich? Welche Tiere finden sich im Bibeltext und welche sind dazu erfunden worden? Schauen wir uns die verschiedenen Tiere einmal genauer an.

1 Der Esel

Joseph und Maria auf dem Esel

Beginnen wir chronologisch mit dem Esel. Maria ist auf ihm nach Bethlehem geritten, hat ihn dann im Stall abgestellt und dort hatte das graue Tier einen erstklassigen Blick in die Krippe auf das Jesuskind.

Stimmt das?

In der Bibel lesen wir: „So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.“ (Lukas 2:4,5)

Über das Fortbewegungsmittel wird hier keine Aussage getroffen. Das Wort „zog“ deutet sogar eher auf eine Bewegung zu Fuß als beritten hin, bezieht sich aber auch nur auf Josef. Bei Maria findet sich gar kein Verb, das ihre Art des Vorankommens beschreiben würde.

Warum wird dann aber Maria immer auf einem Esel sitzend dargestellt?

Der Esel ist im Nahen Osten schon seit Urzeiten ein beliebtes Nutztier, das nicht nur zum Transport von Lasten, sondern auch von Reitern genutzt wurde. Schon Mose ließ seine Familie auf einem Esel reiten: „Da holte Mose seine Frau und seine Söhne, setzte sie auf einen Esel und trat den Rückweg nach Ägypten an.“ (Exodus 4:20) Der alttestamentarische Richter Abdon machte eine richtige Schau: „Er hatte vierzig Söhne und dreißig Enkel, die auf siebzig Eselshengsten ritten.“ (Richter 12:14)

So ist es also sicherlich naheliegend, dass auch Maria den Weg nach Bethlehem auf einem Esel sitzend hinter sich brachte. Biblisch belegt ist dies aber nicht.

2 Der Ochse

Der Ochse der Szene zu Weihnachten.

Sucht man bei einem großen Onlinehändler nach Weihnachtskrippen mit Figuren, sind bei den ersten 14 Modellen immer Ochse und Esel dabei. Erst die 15. Krippe liefert überraschenderweise zwei Esel, dafür aber kein Rind mit. Dabei waren doch vielleicht sogar mehrere Rinder im Stall, die gemäß dem Lied „Im Stroh in der Krippe“ blökten, während das Licht flackerte.

Stimmt das?

Im Bibeltext steht: „Sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ (Lukas 2:7)

Kein Ochse! Keine Rinder! Noch nicht einmal das flackernde Licht wird erwähnt. Was ist denn da los? Wer hat sich diese Szene mit den Ochsen ausgedacht?

Irgendeinem Tier wird die Futterkrippe durchaus gedient haben, ehe Jesus hineingelegt wurde. Da ist ein Ochse keine schlechte Vermutung. Inspiriert wurden die Ochsen-Liebhaber zudem von dieser Aussage im Alten Testament: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ (Jesaja 1:3)

Hier kommen die Worte Ochse, Esel und Krippe in einem Satz vor. Das kann ja nur bedeuten, dass es sich an Weihnachten so zugetragen haben muss.

3 Das Schaf

Engel auf dem Feld Schafe Weihnachten

So, jetzt sind wir aber auf sicherem Terrain. Es ist ja wohl eine Tatsache, dass der neugeborene Jesus von den Hirten aufgesucht wurde und diese hatten ihre Schafe dabei.

Stimmt das?

Schauen wir uns zunächst wieder den Bibeltext an: „Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.“ (Lukas 2:15,16)

Wieder einmal werden die Tiere in der Bibel nicht erwähnt. Die Aussage, dass die Hirten zum Kind in der Krippe „eilten“, deutet darauf hin, dass sie so wie Simon Petrus und sein Bruder Andreas „sofort [alles] liegen ließen“ (vgl. Matthäus 4:19) und losrannten.

Ein Schaf ist in der Lage, Höchstgeschwindigkeiten von 40 km/h zu erreichen – steht damit dem schnellsten Mann der Welt Usain Bolt in seinem Sprintrekord über 100 m kaum nach, der eine Maximalgeschwindigkeit von knapp 45 km/h erreichte. So könnten die Schafe also tatsächlich mit den Hirten mitgeeilt und auch zum Stall gekommen sein. Falls aber Lämmer und Jungtiere dabei waren, ist es durchaus möglich, dass die Hirten die Schafe zurückließen, um so schnell wie möglich zum wichtigsten Schauplatz ihres Lebens zu kommen.

Kein einziges der erwarteten Tiere ist biblisch belegt. Das muss aber nicht heißen, dass diese tatsächlich gänzlich fehlten. Das zentrale Ereignis war und bleibt die Geburt unseres Heilands Jesus Christus, worauf selbstverständlich in allen biblischen Schilderungen der Fokus liegt. Und so bleibt es hier der Fantasie eines jeden selbst überlassen, ob Esel, Ochse und Schafe im Stall zugegen waren oder nicht.


Dieser Artikel wurde auf Deutsch von Tabea Seeborg verfasst und am 08.12.2018 auf kommzuchristus.de veröffentlicht.

Weihnachten beginnt mit Christus

Wie kann ich Jesus kennenlernen?

6 neue, erstaunliche Entdeckungen über Jesus von Nazaret