Im Museum für Naturkunde in Berlin gibt es allerhand zu sehen und staunen. Hat man die deckenhohen Dinosaurierskelette hinter sich gelassen, kann man entweder nach rechts gehen und landet so in einer Halle, in der gezeigt wird, wie tote Tiere ausgestopft und anderweitig präpariert werden. Folgt man jedoch dem Weg nach links, gelangt man in die mit 1077 Arten größte Mineraliensammlung Deutschlands. Der Ausstellungsraum wirkt zunächst etwas unscheinbar: Man findet sich zahlreichen alten Holzvitrinen gegenüber, in denen unzählige Exponate auf Besucher warten.
Ein Mann, der zeitgleich mit mir den Raum betreten hat, raunt gelangweilt: „Puh, Steine!“ Hier wird zunächst eine klärende Definition benötigt: Mineralien sind von stofflich einheitlicher Zusammensetzung, während Steine eine Ansammlung verschiedener Mineralien sind. Die Tatsache, dass sich hier 1077 verschiedene Mineralien ansehen lassen, auf der Welt sogar bereits weit über 4000 Mineralien entdeckt wurden, bietet einen geringen Einblick in die Gewaltigkeit und Vielfalt der Schöpfung.
Nun stehe ich vor diesen Holzkästen und staune. Ich staune über den mit sattem Blau durchzogenen Cyanotrichit aus Rumänien. Ich staune über den schwarzen, reflektierenden Klinochlor aus Russland. Ich staune über den schneeweißen, wie eine Explosion wirkenden Skolezit aus Island. Ich staune über den smaragdgrünen Malachit, dessen Oberfläche so glatt und samtig weich aussieht, dass ich gerne darüber streicheln würde, wenn es nicht diese Glasscheibe zwischen uns gäbe.
Ich verlasse mit meinen Begleitern die Mineraliensammlung und wir überlegen, welches der Ausstellungsstücke uns am besten gefallen hat. Keiner von uns möchte sich festlegen müssen. Es gab so viel Schönheit, so viel Extravaganz, aber auch Schlichtes, was dem Auge nach dem Farbenspiel und Glitzerglanz gelegentlich richtig gut tat.
Welches der Minerale ist wohl das Lieblingswerk unseres Schöpfers? Welches wiederum sieht er sich mit Entsetzen an und es schaudert ihn beim Anblick seiner Kreation?
Würde die Welt definieren, dass nur ein einziges der tausende von Mineralien schön und existenzberechtigt ist, würde sie auf allgemeines Kopfschütteln stoßen. Warum lassen wir dann zu, dass die Welt unseren Blick auf unsere eigene Schönheit diktiert? Wenn ich auch kein Skolezit bin, so kann ich, mir meines Wertes voll bewusst, mit aufrechtem Haupt als Malachit durchs Leben gehen und brauche mich niemals beschämen zu lassen.
Kann es sein, dass unser Schöpfer manchmal richtig enttäuscht darüber ist, wie hart wir mit uns selbst umgehen? Er hat sich mit unserer Erschaffung solche Mühe gegeben und da stellen wir unseren Wert wegen einer krummen Nase, Altersfältchen oder ein paar Pfunden zu viel oder zu wenig in Frage! Macht nicht gerade die Vielfalt unserer Erscheinungsbilder den Reiz des Lebens aus, während ein Einheitsbrei an den immer gleichen Gesichtern uns schnell ermüden und jegliche Wiedererkennungsversuche zunichtemachen würde?
Stehe ich morgens vor dem Spiegel und sehe in mir den Menschen, den Gott mit seinen eigenen Händen erschaffen hat? Betrachte ich mich mit seinen Augen und stelle fest, dass ich „sehr gut“ (Genesis 1:31) bin? Erkenne ich das Meisterwerk, das ich bin?
In einem Kirchenlied heißt es: „Schönheit leuchtet überall, wo die Liebe wohnt.“ Das ist das Geheimnis: Unser himmlischer Vater findet uns dann am schönsten, wenn wir von Liebe erfüllt sind.
Dieser Artikel wurde auf Deutsch von Tabea Seeborg verfasst und am 05.12.2018 auf kommzuchristus.de veröffentlicht.